Katja Theisen erzählt von ihrer Tätigkeit als Sozialarbeiterin

 

Katja Theisen arbeitet seit 15 Jahren beim Jugendamt des Saarpfalz-Kreises. Fern von der klischeebehafteten „Frau vom Jugendamt“ zeichnet die engagierte Diplom-Sozialpädagogin ein Bild ihrer wertvollen Arbeit mit Familien, Kindern und Jugendlichen.

Als examinierte Krankenpflegerin machte sie zuvor viele Erfahrungen mit Menschen in Krisensituationen, mit Patientinnen und Patienten, aber auch mit deren Angehörigen. Ihr hilfsbereiter Umgang damit bestärkte sie zu einem Wechsel in die Sozialarbeit.

Ihr genaues Berufsfeld ist heute der „Bezirkssozialdienst“, welcher die Kernaufgaben eines Jugendamtes umfasst. Zu Theisens täglichen Aufgaben gehören u. a. die Beratung von Familien und Kindern, zum Beispiel in Fällen von Trennung und Scheidung, aber auch die Bearbeitung von Meldungen bei Kindeswohlgefährdung und deren Überprüfung. Zusätzlich ist sie auch für die Koordination von Hilfen und die Mitwirkung bei familiengerichtlichen Verfahren zuständig.

Dass der Begriff „Jugendamt“ eher negativ besetzt ist, macht die Arbeit von Katja Theisen tatsächlich nicht unbedingt leichter.  „Negativmeldungen sind bekanntermaßen eben attraktiver. Über Erfolge in unserer Arbeit wird kaum berichtet oder gesprochen“. Wer will schon gerne die ‚Frau vom Jugendamt‘ vor der Tür stehen haben? Aber wenn ich in den Familien vor Ort bin und spürbar helfen kann, dann verfliegen auch deren Vorbehalte. Daher gehe ich mit Klischees und Vorurteilen gelassen um“, betont die 43-Jährige.

Wenn Eltern und Kinder im Familienverbund Hilfe benötigen, wenn Unterstützung bei der Erziehung der Kinder notwendig wird, kann eine fachmännische Beratung und Betreuung oftmals sogar recht zügig zu guten Lösungen bei internen Sorgen und Probleme führen. Doch jeder Fürsorgefall muss ganz individuell betrachtet werden. Welcher Weg im Einzelfall der richtige ist, diese Frage verlangt grundsätzlich allen Sozialarbeiterinnen und -arbeitern im Jugendamt schwierige Abwägungsprozesse ab.

„Einzelfallentscheidungen besprechen wir im Team, um uns ein umfassendes Bild zu machen und vielfältige Perspektiven einzunehmen. Das ist bei dieser Arbeit unerlässlich. Kommen wir an einem Punkt zu der unumstößlichen Erkenntnis, dass das Kindeswohl gefährdet ist, dann wird zumindest eine vorübergehende Trennung von den Eltern erforderlich. Das wird den Familien unmittelbar kommuniziert. Ich versuche, schnell zu einer einvernehmlichen Haltung mit den Eltern zukommen. Wichtig ist, ihnen zu vermitteln, dass das Ziel immer eine gelingende Rückführung in den elterlichen Haushalt ist. Sollte dies nicht gelingen, so sind wir aber immer an wohlwollenden Kontakten zwischen dem Kind und seiner Herkunftsfamilie interessiert“, erklärt Katja Theisen.

Bundesweit haben Jugendämter 2020 rund 963 000 Hilfen bei der Erziehung geleistet. Das sind 11 Prozent mehr als im Jahr 2010. Auch in der Pandemie wurden diese tendenziell eher fortgeführt als beendet. Diese Entwicklung hat auch Katja Theisen so wahrgenommen und sie spricht von einer Verstärkung sozialer Phobien und depressiver Verstimmungen bei Kindern und Jugendlichen in den vergangenen beiden Jahren. Sie erklärt dieses Phänomen der sozialen Phobie gerade während der Pandemie damit, dass viele bereits vorbelastete Kinder und Jugendliche, z. B. durch Mobbing, die nur aufgrund der Schulpflicht noch zur Schule gegangen waren, dann doch über längere Zeit zu Hause blieben. Andere wiederum seien oft zuhause sich selbst überlassen worden, wodurch sich soziale Ängste verstärkten und nur das Internet als Kommunikationsweg in Frage kam. Häusliche Probleme, wie z. B. die Trennung der Eltern oder Arbeitslosigkeit, seien dadurch wiederum verstärkt wahrgenommen worden und hätten zu einer zusätzlichen Belastung geführt.

„Die Herausforderung auch in der Zukunft wird sein, mit solchen psychischen Belastungen von Kindern und Jugendlichen angemessen und professionell umzugehen. Dabei wird eine Investition in den Qualitätserhalt des Jugendhilfepersonals sowie in die Aufrechterhaltung und den Ausbau des Jugendhilfestandards unverzichtbar sein“, ist sich Katja Theisen gewiss. Und sie wirbt für Vertrauen in das Jugendamt: „Eltern sollten sich trauen, sich bei auftretenden Problemen direkt an uns zu wenden. Sich Hilfe zu holen ist kein Eingeständnis von Versagen, ganz im Gegenteil. Es zeugt von einer guten Verantwortungsübernahme. Eine frühzeitige Beratung kann den Fortlauf von Konflikten unter Umständen vermeiden. In unserem Jugendamt gibt es vertrauensvolle und kompetente Fachkräfte, die je nach individueller Situation Beratungsangebote unterbreiten oder weitervermitteln.“

Katja Theisen hat trotz hoher Anforderungen des Kinderschutzes viel Freude an ihrer Arbeit. Sie sei ein robuster und grundsätzlicher optimistischer Mensch, der es zu verstehen wisse, im Privaten abzuschalten und nach Feierabend für einen vernünftigen Ausgleich zu sorgen, erzählt die Dipl.-Sozialpädagogin offen. Den Kopf frei bekommen, das sei durchaus auch morgens schon möglich, wenn sie mit ihrem Rennrad durch die schönen Beeder Bliesauen zur Arbeit fahre.