„DigiGlue“ – das ist der Name des vom Ministerium für Bildung und Kultur (MBK) geförderten Projekts zur digital unterstützen Rekonstruktion archäologischer Funde im deutsch-französischen Europäischen Kulturpark Bliesbruck-Reinheim.

Bei einem Termin vor Ort wurden am 1. Juli 2022 anhand eines aus rund 12.000 Fragmenten bestehenden römischen Wandreliefs erste Ergebnisse der Arbeit mit dem System vorgestellt.

 

 

Seit 1987 werden im Europäischen Kulturpark grenzüberschreitende archäologische Ausgrabungen durchgeführt. Auf deutscher Seite befinden sich die Überreste einer römischen Villa. 2015 fand sich hier römischer Bauschutt mit einer mächtigen Schicht von Wandmalereifragmenten. Der besagte Fund umfasst bis heute rund 12.000 Fragmente – eine immense Herausforderung für das archäologische Team um Grabungsleiter Michael Ecker. Um den Rekonstruktions-Spezialisten die Arbeit zu erleichtern und den wertvollen Fund zu schonen, wurde deshalb „DigiGlue“ ins Leben gerufen.

 

 

Das mit insgesamt 294.000 Euro vom Land geförderte Kooperations- und Forschungsprojekt des Landesdenkmalamtes des Saarlandes (LDA), der MFB MusterFabrik Berlin GmbH sowie des Fraunhofer-Instituts für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK ging im Dezember 2019 an den Start. Entstanden ist ein automatisierter Scanner, der gleichzeitig die Vorder- und Rückseite der Wandmalereifragmente erfasst und dabei parallel eine Höhenkarte erstellt. In einer Datenbank sind die Aufnahmen der Fragmente sowie weitere Metainformationen hinterlegt. An einem Puzzle-PC des Assistenzsystems können die gescannten Fragmente dann sortiert und aneinandergefügt werden.

Seit Oktober 2021 ist die Anlage in der Römervilla in Betrieb und das Projekt „DigiGlue“ weckt inzwischen auch das Interesse von Archäolog:innen und Denkmalpfleger:innen in anderen Ländern. So wurde die Funktionsweise von „DigiGlue“ im April 2022 bei der Tagung „Nicht invasiv! Neue Perspektiven in der Erforschung und Restaurierung von Wandmalerei dank digitaler Techniken“ in Brandenburg an der Havel dem Fachpublikum vorgestellt.

 

Vorstellung der ersten Ergebnisse des DigiGlue-ProjektsVorstellung der ersten Ergebnisse des DigiGlue-Projekts
Foto: MBK/Holger Kiefer

 

Bildungs- und Kulturministerin Christine Streichert-Clivot, ihr Amtsvorgänger Ulrich Commerçon, der Landrat des Saarpfalz-Kreises Dr. Theophil Gallo, der Gersheimer Gemeindebürgermeister Michael Clivot undder Leiter des Landesdenkmalamtes Dr. Georg Breitner haben sich bei einem Ortstermin mit Grabungsleiter Michael Ecker vom Europäischen Kulturpark über die ersten Erkenntnisse des Projekts informiert.

“Ich freue mich, dass die ‚DigiGlue‘-Technik erfolgreich in Reinheim installiert und die anspruchsvolle wissenschaftliche Arbeit aufgenommen werden konnte”, dankt Landrat Dr. Theophil Gallo, Vorsitzender der Stiftung Europäischer Kulturpark, allen Förderern. Das innovative digitale Projekt habe eine hohe überregionale Strahlkraft. “Das Projekt hat das Potenzial, aus Bliesbruck-Reinheim einen europäischen digitalen Wissenschafts-Hotspot im Bereich der Archäologie zu machen”, bekräftigt der Landrat. Er werde dies als Schwerpunkt in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit den französischen Partnern aufgreifen.

Für Stefan Munz, Geschäftsführer der Stiftung Europäischer Kulturpark wertet das Projekt auch das didaktische, museale Konzept deutlich auf: “Die wissenschaftliche Arbeit wird nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden, sondern die Besucherinnen und Besucher können an der Arbeit teilhaben. Die Ausstellung haben wir rund um die Technik mit ansprechenden Informationen zum Thema ‚Römische Wanddekoration‘ ergänzt”, erklärt Munz weiter.

Der Grabungsleiter und Projektverantwortliche in Reinheim, Michael Ecker, hat mit der “DigiGlue”-Technik” nun ein kraftvolles Werkzeug an der Hand. “In den allermeisten archäologischen Archiven und Depots befinden sich zahlreiche Stücke Wandmalerei, die noch auf ihre weitere Bearbeitung warten. Mit dem Projekt ‚DigiGlue‘ ist es nun möglich,  mit Wandmalereifragmenten in quasi unbegrenzter Anzahl zu arbeiten ohne ihnen weiteren Schaden zuzufügen”, erklärt der Archäologe.

Der Gersheimer Gemeindebürgermeister Michael Clivot freut sich über die positive Entwicklung: „Der Europäische Kulturpark Bliesbruck-Reinheim ist für uns die bedeutendste touristische Attraktion in der Gemeinde. Dass nun die für die Archäologie so bahnbrechende Technologie ‚DigiGlue‘ bei uns in Reinheim mitentwickelt und getestet wurde, hebt alles nochmal auf eine weitere Stufe.“

„Ich war von Anfang an begeistert von ‚DigiGlue‘, weil wir es hier mit einer weltweit einmaligen Rekonstruktionstechnologie zu tun haben, die unser antikes Erbe neu erfahrbar macht. Und das ist doppelt gut: Denn das Projekt begeistert so nicht nur Menschen, die sich für das Römische Reich und antike Wandbemalungen interessieren, sondern auch alle, die Spaß an Hightech haben“, so Ulrich Commerçon.

Bildungs- und Kulturministerin Christine Streichert-Clivot: „An ‚DigiGlue‘ begeistert mich besonders, dass hier unser antikes kulturelles Erbe und modernste digitale Technologie zusammenkommen und etwas sehr spannendes Neues entsteht. Die Rekonstruktion der antiken Wandmalereien zeigt, dass die Digitalisierung auch im kulturellen Bereich ganz neue und vielversprechende Möglichkeiten eröffnet. Damit schaffen wir nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für die Besucher:innen des Europäischen Kulturparks einen echten Mehrwert und sorgen gleichzeitig dafür, das empfindliche Kulturgut zu bewahren, indem wir einen virtuellen Zwilling erschaffen. Auf ‚DigiGlue‘ passt der Slogan unserer Landes ‚Großes entsteht immer im Kleinen‘ ganz besonders gut. Denn was als Kooperationsprojekt des Landesdenkmalamtes, des Europäischen Kulturparks und der Firma MusterFabrik Berlin GmbH begonnen hat, bekommt inzwischen auch über die Grenzen des Saarlandes hinaus Anerkennung in der Fachwelt.“